Menschenhandel

Wenn jemand einem anderen Menschen seine Freiheit und Würde nimmt, indem er dessen Verletzlichkeit ausnutzt, um sich zu bereichern oder einen persönlichen Vorteil zu erlangen, begeht er ein Verbrechen, das gesetzlich bestraft wird. Selbst wenn das Opfer in bestimmten Fällen vorübergehend in diese Ausbeutung einwilligt, bleibt sie dennoch rechtswidrig.

Hinter den Statistiken verbergen sich zerbrochene Schicksale. Jedes Jahr werden weltweit Millionen von Menschen Opfer von Menschenhandel und in eine moderne Form der Sklaverei gezwungen. Auch die Schweiz als entwickeltes Land bleibt von diesem Übel nicht verschont. Die Opfer, oft schutzbedürftige und isolierte Menschen, werden in zahlreichen Branchen ausgebeutet. Um diesem Verbrechen ein Ende zu setzen, ist es wichtig, den Opferschutz zu verstärken, die Menschenhändler konsequent zu verfolgen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.

In der Schweiz befasst sich Artikel 182 des Strafgesetzbuchs mit Menschenhandel und sieht Strafen für die Täter vor.

Gemäss der international anerkannten Definition bezeichnet der Ausdruck «Menschenhandel» die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung. Die Definition wurde erstmals im Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen festgelegt.

Das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (das in der Schweiz 2013 in Kraft trat) übernimmt weitgehend diese Definition und zielt darüber hinaus darauf ab, die Rechte der Opfer zu stärken.

Drei Bestandteile des Menschenhandels

Ein Ziel: Die Täter profitieren von Zwangsprostitution oder anderen Formen der sexuellen Ausbeutung, Zwangsarbeit, Leibeigenschaft oder Organentnahme.

Eine Handlung: Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen zu Ausbeutungszwecken.

Unrechtmässige Zwangsmittel: Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, Entführung, Betrug, Täuschung, Machtmissbrauch oder Ausnutzung von Hilflosigkeit.


Menschenhandel ist ein vielschichtiges Phänomen, das oft mit physischer und/oder psychischer Gewalt einhergeht. Die häufigsten Formen der Ausbeutung sind:

Sexuelle Ausbeutung

Wenn von Menschenhandel die Rede ist, denkt man oft an Zwangsprostitution. Sie ist der Tat die bekannteste und am häufigsten gemeldete Form.

Es gibt auch Opfer sexueller Ausbeutung in der Pornobranche, in Massagesalons, Champagnerbars oder auch „Loverboy“-Beziehungen.

Achtung: Nicht alle Sexarbeiter*innen sind Opfer von Menschenhandel! Sexarbeit ist in der Schweiz vollkommen legal und durch Bundes- und Kantonsgesetze geregelt.

Zwangs-arbeit

Die Opfer werden gezwungen, unter menschenunwürdigen Bedingungen zu arbeiten – meist bei sehr geringer oder keiner Entlohnung. Besonders gefährdet sind Branchen wie Hotellerie, Gastronomie, Baugewerbe, Landwirtschaft und Hauswirtschaft. Menschenhändler zielen insbesondere auf Tätigkeitsbereiche mit einem hohen Bedarf an gering qualifizierten Arbeitskräften ab, in denen die Arbeit oft informell, kaum kontrolliert und wenig geregelt ist.

Erzwungene Bettlerei

Die Opfer sind gezwungen zu betteln und alles (oder fast alles), was sie gesammelt haben, an ihre Ausbeuter abzugeben. Oft handelt es sich dabei um ein Familienmitglied oder einen Clanangehörigen, was es für die Opfer noch schwieriger macht, sich aus diesem Einfluss zu befreien, da eine Blutsverwandtschaft oder Loyalität besteht.

Zwang, gegen den eigenen Willen eine Straftat zu begehen

Die Opfer werden unter Zwang zu illegalen Tätigkeiten gezwungen, wie z. B. Drogentransport und -handel oder Taschendiebstahl.


Der Bekämpfung des Menschenhandels ist ein langwieriger Prozess, der das Engagement aller erfordert. Indem Sie sich informieren und auf Ihrer Ebene handeln, können Sie dazu beitragen, unsere Welt gerechter und sicherer zu machen. Sie können zum Beispiel:

Sich über das Thema und die verschiedenen Realitäten, die es umfasst, informieren. Eine umfangreiche Literatur ist online verfügbar. Klicken Sie auf die Registerkarte „Dokumentation” oder besuchen Sie die Website der Plattform „Menschenhandel” (siehe unten).

Ihr Umfeld für das Phänomen sensibilisieren, z. B. durch die Organisation einer Informations-veranstaltung mithilfe des Vereins AVIT.

Soziale Netzwerke nutzen, um Informationen über Menschenhandel, Organisationen, die dieses Verbrechen bekämpfen, sowie Möglichkeiten, sich zu engagieren, zu teilen.

Sich politisch engagieren.
Indem Sie wählen und Ihre Volksvertreter dazu ermutigen, gegen Menschenhandel aktiv vorzugehen, können Sie zur Entwicklung wirksamer öffentlicher Massnahmen beitragen.

Im Wallis, kontaktieren Sie uns oder wenden Sie sich an Fachorganisationen in anderen Kantonen.

Wenn das Opfer minderjährig ist, können Sie den Fall der kantonalen Kinderschutzbehörde (KESB) melden oder eine Fachorganisation aufsuchen.

In allen Situationen, bei unmittelbarer Gefahr kontaktieren Sie die Polizei unter 117.

Was Sie nicht tun sollten:

Die Situation ignorieren oder selbst eingreifen.

Sich direkt an den Ausbeuter wenden, der sich dann gegen Sie oder das Opfer richten könnte.


  • Sind Sie gezwungen, gegen Ihren Willen zu handeln? 
  • Übt jemand durch Gewalt oder Drohungen Kontrolle über Sie aus?
  • Fühlen Sie sich in Ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt? 
  • Wenn Ihnen eine dieser Situationen bekannt vorkommt, könnten Sie Opfer von Menschenhandel sein. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.
Hier sind einige Anzeichen, die auf Menschenhandel hindeuten können:
  • Sie leben in ständiger Angst. 
  • Es ist Ihnen verboten, über Ihre Situation zu sprechen oder Unterstützung zu suchen.
  • Sie erhalten wenig oder gar kein Geld für Ihre Arbeit und müssen einen Teil davon an Ihren Arbeitgeber abgeben. 
  • Sie arbeiten sehr lange Stunden und haben kaum oder gar keine Freizeit.
  • Ihre Ausweispapiere befinden sich nicht in Ihrem Besitz. 
  • Sie haben in Ihrem Heimatland keine Zukunftsperspektiven und wurden dazu gedrängt, prekäre Bedingungen zu akzeptieren.
  • Sie leben und schlafen an Ihrem Arbeitsplatz, ohne persönlichen Rückzugsort. 
  • Sie wurden über die Arbeits- oder Entlohnungsbedingungen getäuscht. 
  • Sie oder Ihre Angehörigen sind Opfer von (körperlicher, psychischer oder sexueller) Gewalt.